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Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz
bezüglich ökumenischer Gottesdienste

vom 24. Februar 1994

(ABl. 1994, S. 350)

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  1. Seit der apostolischen Zeit feiert die Kirche den Sonntag als „Tag des Herrn“. Der wöchentlich wiederkehrende Feiertag ist wesentlich „Zeichen“ für die Heilswirklichkeit der „neuen Schöpfung“, die mit der Auferstehung Christi angefangen hat und am Ende der Tage vollendet wird.
  2. In Treue zum Vermächtnis und Auftrag des Herrn „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ hält die katholische Kirche den Sonntag heilig durch die Feier der heiligen Eucharistie. Das II. Vatikanische Konzil sagt: „Aus apostolischer Überlieferung, die ihren Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tag, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird. An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus gedenken“ (SC 106). Die Eucharistie ist „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11). In ihr findet auch alle kirchliche Liturgie ihren Höhepunkt. Daher sind die Katholiken verpflichtet, an Sonn- und gebotenen Feiertagen an der Messfeier teilzunehmen (CIC can. 1247; vgl. den Beschluss „Gottesdienst“ der Gemeinsamen Synode, speziell 2.3).
  3. Neben der Eucharistiefeier als der Wort und Sakrament umschließenden Grund- und Hochform der Liturgie der Kirche, hat es von apostolischer Zeit an immer auch Gottesdienste gegeben, die aus Gebeten, Lesung der Hl. Schrift, Verkündigung des Wortes Gottes und Fürbitten bestanden.
    Diese Form von Wortgottesdiensten greifen die ökumenischen Gottesdienste auf, in denen Katholiken sich mit Christen, die anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften angehören, zum gemeinsamen Gebet versammeln. Solche gemeinsamen Gottesdienste sind ein wirksames Mittel, um die Gnade der Einheit zu erflehen (vgl. Ökumenisches Direktorium 1993, n. 108). Sie sind ein Ausdruck der durch die Taufe grundgelegten Gemeinschaft in Jesus Christus und ein Weg, der zur geistlichen Versöhnung fuhrt. Sie bieten den konfessionsverschiedenen Ehen die Möglichkeit einer gemeinsamen liturgischen Feier, die bewusst machen kann, dass sie als sakramentale Gemeinschaft „eine Art Hauskirche“ sind (LG 11).
  4. Ökumenische Wortgottesdienste sollten nach Möglichkeit fester Bestandteil des liturgischen Lebens jeder Gemeinde sein. Als besondere Zeiten des gemeinsamen Gebets bieten sich unter anderem an
    (1)
    jene Tage, die ausdrücklich dem Anliegen der Einheit der Christen gewidmet sind: die Gebetsoktav vom 18. – 25. Januar, der Weltgebetstag der Frauen am 1. Freitag im März, die Tage zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag. Es sollten auch besondere schulische Anlässe, ökumenische Konferenzen, Bibelwochen u. a., desgleichen der Büß- und Bettag in Betracht gezogen werden;
    (2)
    staatliche Feiertage, die nicht auch kirchlich gebotene Feiertage sind (z. B. 1. Mai, Tag der Deutschen Einheit). In ökumenischen Gottesdiensten könnten an diesen Tagen Anliegen des Staates und der Gesellschaft ebenso wie weltweite Ängste, Nöte und Sorgen fürbittend vor Gott getragen werden.
  5. Da die sonntägliche Eucharistiefeier für das christliche Leben und den Aufbau der christlichen Gemeinde einen unverzichtbaren Wert hat, können ökumenische Gottesdienste sie nicht ersetzen. Diese haben deshalb stets einen Ausnahmecharakter. Ökumenische Gottesdienste dürfen nicht dahin führen, dass in einer Gemeinde an einem Sonntag keine Heilige Messe gefeiert werden kann. Die katholischen Christen dürfen durch die Teilnahme an einem ökumenischen Gottesdienst nicht in einen Konflikt mit dem Sonntagsgebot gebracht werden.
  6. Gegenüber dem Einwand, dass zahlreiche Gemeinden – bedingt durch den Priestermangel – sich zu sonntäglichen Gottesdiensten ohne Priester, mithin zu einem Wortgottesdienst versammeln, müssen die Ausnahmesituation, zugleich aber auch die pastorale und liturgische Notwendigkeit solcher Gottesdienste geltend gemacht werden. Die Gemeinde ist von ihrem Wesen und Auftrag her stets auf die Versammlung, besonders am Herrentag angewiesen, um ihre Gemeinschaft im Glauben zu erfahren und zu bekunden, ebenso wie ihre Verbundenheit und Einheit mit der Universalkirche. Diese werden, wenn am Sonntag keine Eucharistiefeier stattfinden kann, vor allem in der Verkündigung, im Glaubensbekenntnis und im fürbittenden Gebet bezeugt. Die sonntäglichen Gottesdienste ohne Priester, die an die Stelle der Eucharistiefeier treten, haben an der katholischen Sonntagsliturgie und Sonntagsspiritualität orientierte Feierordnungen; sie lassen sich daher so nicht als ökumenische Gottesdienste gestalten und müssen als von der Situation erzwungene Ausnahmen angesehen werden.
  7. Mancherorts hat sich bewährt, dass die verschiedenen Gemeinden bei besonderen Anlässen zunächst je ihren Gottesdienst feiern und anschließend zu einer ökumenischen Feier zusammenkommen.
    Wo dies nicht möglich ist, kann in bestimmten Fällen und aus wichtigen Gründen ein ökumenischer Gottesdienst an Sonntagen und kirchlichen Feiertagen am Vormittag stattfinden; dabei darf die Feier der Eucharistie nicht ausfallen. Solche Fälle und Gründe können gegeben sein, wenn
    (1)
    Gemeinden besondere ökumenische Ereignisse begehen;
    (2)
    die politische Gemeinde ein seltenes, herausragendes Ereignis auf Ortsebene feiert. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass ökumenische Gottesdienste nicht von politischen Gremien angesetzt, sondern rechtzeitig mit den Pfarrern der betreffenden Kirchen vereinbart werden;
    (3)
    überörtliche Großveranstaltungen von besonderem Rang stattfinden.
  8. Findet aus wichtigen Gründen ein ökumenischer Gottesdienst am Sonntagvormittag statt, so muss für die Katholiken die Möglichkeit zur Mitfeier der Eucharistie an diesem Sonntag gewährleistet sein.
  9. Damit deutlich bleibt, dass die Feier ökumenischer Gottesdienste am Sonntag stets Ausnahmecharakter hat, dürfen solche Gottesdienste nur in sehr begrenzter Zahl stattfinden. Die Pfarrer sind verpflichtet, das Generalvikariat (Ordinariat) rechtzeitig vorher um Genehmigung zu ersuchen.
  10. Jedem ökumenischen Gottesdienst sollte ein echtes spirituelles Bedürfnis zugrunde liegen. Andere Motive, wie zum Beispiel Verschönerung eines Vereinsfestes, kirchenfremde Anlässe oder Konzessionen an Gruppeninteressen können solche Gottesdienste am Sonntag nicht rechtfertigen. In jedem Falle sollten ökumenische Gottesdienste eingebettet sein in ein aktives ökumenisches Leben der Gemeinde.