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Zirkumskriptionsbulle Provida solersque (Auszug)
vom 16. August 1821
(Lateinischer und deutscher Text: Badisches Regierungsblatt 1827, S. 212)
#Pius Bischof, Diener der Diener Gottes
Zum immerwährenden Gedächtniß!
Die fürsehende und eifrige Sorgfalt der Römischen Päbste in Beilegung und Anordnung alles dessen, was zur besseren Obhut und Pflege der Heerde des Herrn, nach der eigenen Beschaffenheit der Zeiten und Orte, zweckmässiger erscheint, treibt dieselben an, bald neue bischöfliche Sitze zu errichten, bald einige derselben zu versetzen, um unter dem Segen des Herrn der Erndte für die geistige Wohlfahrt des gläubigen Volkes dadurch geeignetere Schutzwehre zu errichten. — Kaum war daher Deutschland die Ruhe wieder gegeben, so verwendeten Wir Unsere Sorgen unausgesetzt auf die Herstellung der kirchlichen Angelegenheiten, die durch das Unheil der vergangenen Zeiten in Verwirrung gekommen waren. Und nachdem Wir diese vor vier Jahren in dem Königreiche Baiern auf eine zweckmässige Weise geordnet hatten, so wendeten Wir zugleich ohne Verzug Unsere Sorgfalt auf alle jene Verehrer des wahren Glaubens, welche gegenwärtig unter der Herrschaft der Durchlauchtigsten Fürsten und Staaten von Deutschland, nämlich des Königs von Würtemberg, des Großherzogs von Baden, des Großherzogs von Hessen, des Kurfürsten von Hessen, des Herzogs von Nassau, der freien Stadt Frankfurt, des Großherzogs von Mecklenburg, der Herzoge von Sachsen, des Herzogs von Oldenburg, des Fürsten von Waldeck und der freien Hansestädte Lübeck und Bremen, sich befinden, welche, um ihre Bereitwilligkeit an den Tag zu legen, Alles beizutragen, damit durch den apostolischen Stuhl Bisthümer mit schicklicher Ausstattung entweder neu errichtet oder hergestellt werden möchten, deshalb eine gemeinschaftliche Gesandtschaft nach Rom sendeten.
#I. Neuerrichtung und Wiederherstellung der Bistümer
Da man sich jedoch nicht über alle kirchlichen Gegenstände, wovon es sich handelte, vereinigen konnte, Wir gleichwohl die Hoffnung nicht aufgeben, daß dieses in der Folge, gemäß der Weisheit jener Fürsten und Staaten, noch werde geschehen können, so haben Wir, damit unterdessen die in jenen Gegenden wohnenden Gläubigen, welche Wir in Betreff der geistlichen Verwaltung in die größte Noth versetzt sehen, nicht länger eigener Hirten entbehren müssen, zur Errichtung einiger bischöflicher Sitze in den vorzüglicheren Städten und Gebieten jener Fürsten und Staaten und Umschreibung der Diöcesen vorzuschreiten beschlossen, um auf das geschwindeste jene Kirchen mit eigenen Bischöfen versehen zu können, Uns die Sorge vorbehaltend, die catholischen Unterthanen anderer Fürsten mit der Zeit jenen Diöcesen anzuschließen, die Wir für die bequemsten dazu halten werden. Nach einvernommenem Rathe einiger Unserer ehrwürdigen Brüder, Cardinäle der heiligen Römischen Kirche, unterdrücken, zernichten und vertilgen Wir daher mit sicherer Erkenntniß und reifer Überlegung und Kraft der Fülle der apostolischen Gewalt den Titel, den Namen, die Natur, das Wesen und den ganzen gegenwärtigen Bestand der erledigten sowohl bischöflichen Kirche zu Constanz, als der zu keiner Diöcese gehörigen Probstei zum heiligen Vitus in Ellwangen, sammt ihren Capiteln, in der Absicht, um frei zu der unten zu benennenden neuen Errichtung von Kirchen und Umschreibung der Diöcesen vorschreiten zu können. Ferner verändern Wir den Zustand der bischöflichen Kirchen zu Mainz und Fulda dergestalt, daß jene allem Metropolitanrechte des Erzbischofs von Mecheln entzogen werde, und nicht mehr an die Anordnung Unsers apostolischen Briefs, welcher anfängt: „Qui Christi Domini etc.“ v. 29. November 1801 gebunden sey; diese aber von dem klösterlichen Stande, in welchem sie sich gemäß des apostolischen Briefs Unseres Vorfahrers Benedict XIV., seligen Andenkens, der mit den Worten anfängt: „In apostolicae etc.“ befand, enthoben und in weltlichen Stand versetzt werde.
Mit gleicher Erkenntniß, Überlegung und Gewalt, zur Ehre des allmächtigen Gottes, zur Erhöhung des wahren Glaubens und zur Beförderung der catholischen Religion, errichten und bestimmen Wir für alle Zeit Freiburg, die Hauptstadt im Breisgau, welche sich durch eine hohe Schule und andere Stiftungen auszeichnet, und von mehr als 9000 Bürgern bewohnt wird, zur erzbischöflichen Stadt, und den sehr berühmten Tempel unter dem Titel der Aufnahme der seligen Jungfrau Maria zur erzbischöflichen Kirche und Pfarrkirche; desgleichen Rottenburg am Neckar, ehemals die Hauptstadt des Herzogthums Hohenberg, mitten im Königreiche Würtemberg, mit einem Provinzial-Justiz-Collegium und 5500 Einwohnern, zur bischöflichen Stadt, und den dort befindlichen sehr ansehnlichen Tempel unter Anrufung des heiligen Martin, Bischofs und Beichtigers, zur bischöflichen Kirche; ferner Limburg an der Lahn, das in einer fruchtbaren Gegend und in der Mitte des Herzogthums Nassau liegt, und 2700 Einwohner enthält, gleichfalls zur bischöflichen Stadt, und den dort befindlichen Tempel unter Anrufung des heiligen Georgs zur bischöflichen Kirche, mit allen Rechten, Gerichtsbarkeiten, Vorzügen, Ehren und Freiheiten, welche dem erzbischöflichen und beziehungsweise den bischöflichen Sitzen gesetzmässig gebühren. Der zuvor genannten Metropolitankirche in Freiburg aber weisen Wir die vier genannten bischöflichen Kirchen zu Mainz, Fulda, Rottenburg und Limburg als Suffragankirchen zu. Die Capitel der Metropolitankirche zu Freiburg und der Cathedralkirchen zu Mainz und Rottenburg werden aus einer Decanatswürde und sechs Canonicaten; das Capitel zu Fulda aber wird aus einer Decanatswürde und vier Canonicaten; und das zu Limburg aus einer Decanatswürde und fünf Canonicaten bestehen.
Um die Zahl der Kirchendiener zu vermehren, werden in Freiburg und Rottenburg noch sechs, in Mainz und Fulda vier, und in Limburg zwei Präbenden oder Caplaneien für eben so viele Präbendaten oder Capläne errichtet werden.
Jedem von gedachten Capiteln überlassen und ertheilen Wir die Erlaubniß und die Befugniß, in Betreff des Chordienstes, der Vertheilung der Gefälle und anderer was immer für Gebühren, der Tragung von Lasten, der heilsamen und glücklichen Führung und Leitung geistlicher und zeitlicher Angelegenheiten und Gerechtsame, was immer für Satzungen, Capitelsschlüsse und Verfügungen, so ferne sie in sich erlaubt und anständig und den canonischen Vorschriften auf keine Weise entgegen sind, unter dem Vorsitze, der Aufsicht und mit Gutheissung des zur Zeit bestehenden Vorstehers zu verfassen, herauszugeben, und sich überhaupt des Genusses aller Begünstigungen, Auszeichnungen und Freiheiten, dessen sich andere Cathedralkirchen in diesen Gegenden gesetzmässig zu erfreuen haben, gleichfalls frei und mit Recht zu erfreuen.
Einem jeden Vorsteher der oben benannten Kirchen legen Wir ausdrücklich auf, daß er, unter Beobachtung der Vorschriften, einen von den Capitularen beauftrage, das Amt eines Pönitenziars bleibend auszuüben; und einen andern, an gewissen Tagen dem Volke die heilige Schrift vorzulegen, oder, wenn nicht füglich zu diesen Obliegenheiten Capitularen angewiesen werden können, so werden die Bischöfe dafür sorgen, daß diesen Amtsverrichtungen von andern tauglichen Priestern Genüge geleistet, und denselben für ihre Bemühung eine hinreichende Belohnung ausgemittelt werde.
In jeder der oben benannten erzbischöflichen und bischöflichen Kirchen soll, nach Vorschrift der heiligen Kirchenversammlung von Trient, zur Erziehung und Unterweisung der Clerisei, unter der freien Leitung und Verwaltung des Bischofs, eine geistliche Bildungsanstalt bestehen, wo eine dem Bedürfnisse und Nutzen der Diöcese angemessene Anzahl von Zöglingen unterhalten werden kann.
#II. Die Zirkumskription der Bistümer
In der Absicht nun, um zu der Umschreibung der oben benannten fünf Diöcesen vorzuschreiten, und durch die Ausscheidung der Grenzen derselben jedem Streite über die Ausübung der kirchlichen Gerichtsbarkeit unter den betreffenden Bischöfen vorzubeugen, beschliessen und befehlen und bestimmen Wir in der nämlichen Fülle apostolischer Gewalt, nach vorgängiger Losreissung der unten zu benennenden Orte von den Diöcesen und Kirchen, wovon sie gegenwärtig abhängen, Folgendes:
#1. Freiburg
Die Metropolitankirche zu Freiburg wird zu ihrem Diöcesansprengel haben das ganze Gebiet des Großherzogthums Baden, nämlich die Pfarreien, welche innerhalb der Grenzen des Großherzogthums liegen, und theils zu der Constanzer, theils zu der Straßburger, Speierer, Wormser, Würzburger, Basler und Regensburger Diöcese entweder gehören oder gehört haben; jene vierzehn Pfarreien sammt ihren Filialkirchen, welche im Fürstenthum Hohenzollern-Hechingen liegen, und zur benannten Constanzer Diöcese gehören, so wie vier und zwanzig Pfarreien im Fürstenthume Hohenzollern-Sigmaringen, die zu eben dieser Diöcese gehören, und noch achtzehn Pfarreien des Decanats Vöringen, nebst siebenzehn Pfarreien des Decanats Haigerloch, die in eben diesem Fürstenthume liegen, und zu ebenderselben Diöcese gehören ...
#III. Besitzeinweisung
Den erwähnten fünf Kirchen weisen Wir die vorgedachten, zu erzbischöflichen und bischöflichen erhobenen Städte und Kirchen, sammt den als betreffende Diöcesansprengel zugegebenen Orten und Pfarreien, und ihre Einwohner beiderlei Geschlechts, geistlichen und weltlichen Standes, als Clerisei und Volk, auf immer zu, und unterwerfen sie gänzlich der geistlichen Gerichtsbarkeit eines jedweden Vorstehers, dergestalt, daß denjenigen, welche zur Regierung der erzbischöflichen und bischöflichen Kirchen nach den canonischen Verordnungen würdig und tauglich erachtet, und sowohl für dieses erste Mal, als in Zukunft durch apostolisches Ansehen, nach vorläufigem Untersuchungsproceß, welcher von dem Römischen Pabste, nach der auf Befehl Pabst Urban VIII., seligen Andenkens, Unseres Vorfahrens, herausgegebenen Form, für jeden einzelnen Fall aufzutragen ist, aufgestellt seyn werden, erlaubt sey, so wie Wir es hiermit befehlen und gebieten, durch sich selbst oder durch andere in ihrem Namen, nachdem jedoch der gegenwärtige Brief gehörig und vollständig vollzogen seyn wird, und sie als Vorsteher Briefe der apostolischen Vorsehung werden erhalten haben, einen wahren, wirklichen und körperlichen Besitz von der Regierung, Verwaltung und einem jeglichen Diöcesanrechte über benannte Kirchen und Städte und Sprengel, Güter und andere Gefälle, welche zur Ausstattung angewiesen sind oder noch angewiesen werden, zu ergreifen, und den ergriffenen beständig zu behalten ...
#IV. Dotation
Damit aber die obigen, von Uns getroffenen Bestimmungen insgesammt und einzeln in eine schnelle und glückliche Wirksamkeit treten mögen, so ermächtigen und beauftragen Wir den ehrwürdigen Bruder Johann Baptist von Keller, Bischof von Evara, den Wir zum Vollzieher Unseres gegenwärtigen Briefs ernennen, erwählen und abordnen, daß er zu der, oben gedachte Kirchencapitel und Seminarien betreffenden Dotation durch ständige Güter und Grundstücke und andere mit Specialhypotheken versehene Einkünfte, welche späterhin in ständige Güter und Grundstücke verwandelt, und von ihnen als Eigenthum besessen und verwaltet werden sollen, in der Art und Form schreite, wie sie von den Durchlauchtigsten Fürsten, unter deren Bothmässigkeit die einzelnen Diöcesen stehen, dargeboten, und in den unten zu erwähnenden, in rechtsgültiger Form ausgefertigten und Uns übersandten Urkunden ausgedrückt worden ist, welche bei den Acten dieser den Consistorialangelegenheiten vorstehenden Congregation aufbewahrt werden, und wovon authentische Abschriften vom vorbesagten Vollzieher den einzelnen Kirchen zur Aufbewahrung in ihren betreffenden Archiven werden übergeben werden.
#1. Freiburg
Er wird nämlich der erzbischöflichen Kirche zu Freiburg im Breisgau die Herrschaft Linz und andere Einkünfte anweisen, welche Güter und Einkünfte im Ganzen einen jährlichen Ertrag von siebenzig fünf tausend dreihundert sechs und vier rheinischen Gulden liefern, wie solches klar und deutlich in der auf Specialbefehl des Großherzogs von Baden unterm 23. December 1820 ausgefertigten Urkunde beschrieben wird.
Der besagte Bischof, Johann Baptist, wird aber die Güter dergestalt vertheilen, daß daraus jährlich zukommen:
Dem erzbischöflichen Tische 13,400 fl.; hiezu die unten aufzuzählenden, von den drei bischöflichen Kirchen jährlich zu entrichtenden Geldleistungen gerechnet, werden die jährlichen Einkünfte des Freiburger erzbischöflichen Tisches 14,710 fl. seyn; Dem Decan des Capitels 4000 fl.; Dem ersten unter den Capitularen 2300 fl.; Jedem der fünf anderen Capitularen 1800 fl.; Jedem von den sechs Präbendaten endlich (Domcapläne) 900 fl.; Dem Seminarium der Diöcese weiter 25000 fl.; Der Fabrik der Domkirche 5264 fl.; Der erzbischöflichen Kanzlei 3000 fl.; Den Versorgungshäusern für ausgediente und dienstuntaugliche Geistliche endlich, welche entweder schon bestehen, oder von dem Ordinarius, unter dessen Gerichtsbarkeit sie werden gestellt werden, noch zu errichten sind 8000 fl.
Außerdem wird es zur Wohnung des Erzbischofs das in der Stadt Freiburg am Münsterplatze gelegene, vormals Breisgauisch Landständische Haus mit seinen Zubehörungen und einem Garten vor dem Stadtthore; dann zur Wohnung des Decans sowohl, als der sechs Capitularen und der sechs Präbendaten andere, in oben erwähnter Urkunde beschriebene Häuser anweisen ...