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Bulle Ad dominici gregis custodiam (Auszug)

vom 11. April 1827

(Lateinischer Text und deutsche Übersetzung: Badisches Regierungsblatt 1827, S. 233)

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Leo Bischof, Diener der Diener Gottes
Zum immerwährenden Gedächtniß!

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Die Röm. Päbste haben jederzeit mit größter und ununterbrochener Anstrengung sich bestrebt, zur Obhut der Herde des Herrn, Hirten aufzustellen, welche dieselbe sowohl durch Verwaltung des Gottesdienstes, als auch durch Verkündung des göttlichen Wortes auf den Wegen der Gerechtigkeit und des Heiles leiten, wohl wissend, daß dieses ihnen, nach ihrer Amtspflicht, von dem obersten Hirten vorzüglich anbefohlen werde.
In dieser Absicht hat daher Unser Vorfahrer Pius VII., seligen Andenkens, mit dem hohen Eifer, der Ihn für die Wohlfahrt der Kirche beseelte, Sich es zur heiligsten Gewissenspflicht gemacht, eine aufmerksame Sorgfalt auf jene Verehrer des wahren Glaubens zu verwenden, welche von den Durchlauchtigsten Fürsten und Staaten Deutschlands, nämlich dem König von Würtemberg, dem Großherzog von Baden, dem Großherzog von Hessen, dem Kurfürsten von Hessen, dem Herzog von Nassau, der freien Stadt Frankfurt, dem Großherzogg von Mecklenburg, den Herzogen von Sachsen, dem Herzog von Oldenburg, dem Fürsten von Waldeck und den freien Hansestädten Lübeck und Bremen beherrscht werden; und nachdem Derselbe alles reiflichst überlegt hatte, was der Sache am angemessensten war, hat Er dafür Sorge getragen, daß denselben Vorsteher der Kirchen zugetheilt werden; deswegen sind durch ein unterm 16. August 1821 ausgefertigtes apostolisches Schreiben, welches mit den Worten anfängt: „Provida solersque“ der erzbischöfliche Sitz zu Freiburg und dessen vier Suffragansitze, nämlich zu Rottenburg, zu Mainz, zu Limburg und zu Fulda, bestimmt worden, nachdem alles zu diesem Werke zweckdienlich beschlossen war, was in Betreff der bischöfl. Einkünfte, der Capitelscollegien, der Seminarien, der Pfarreien, der Cathedralkirchen vorher festgesetzt werden mußte.
Nunmehr sind Wir, mit der gütigen Hülfe Gottes, der ein Vater des Lichts und der Urheber alles Trostes ist, bereits an dem, daß wir diesen Sitzen bäldest ihre Hirten vorsetzen.
Allein es erübrigt noch Einiges, was in gütlicher Vereinigung festzusetzen war, wodurch in Zukunft alle, vorzüglich in Betreff der Wahl der Vorsteher, mit füglicher Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse, Vorsorge gethan wäre, damit die Rechte des apostol. Stuhles über diesen Gegenstand unversehrt bestehen, und alles, was zu dem Ende daselbst geschehen, die allgemeine Zustimmung für sich haben möge.
Diesen Zweck haben Wir einzig vor Augen gehabt, und bei diesem höchst wichtigen und schwierigen Geschäft dies einzig zu Herzen genommen, daß alles dasjenige beseitigt würde, wodurch der grosse Seelengewinn, der durch die Anordnungen der besagten Bulle vorbereitet wurde, noch gehemmt wird, und das dasjenige, was zum Besten der Religion festgesetzt worden war, endlich das gewünschte Ziel erreichen möge.
Nachdem Wir daher alle einschlagende Verhältnisse einer Prüfung unterworfen, und solche Entschließungen erfaßt hatten, die aus der Natur der Sache und allen ihren Umständen von selbst sich darboten, so haben Wir noch einige von Unseren ehrwürdigen Brüdern, den Cardinälen der heil. Röm. Kirche, einvernommen und beschliessen und befehlen, nach erhaltener zuverlässiger Kenntniß und reiflicher Überlegung und mit der Vollmacht der apostolischen Gewalt, was folgt:
Erstens: So oft der erzbischöfl. oder ein bischöfl. Sitz erledigt seyn wird, wird das Capitel der betreffenden Cathedralkirche Sorge tragen, daß innerhalb eines Monats, vom Tage der Erledigung an gerechnet, die Landesfürsten des betreffenden Gebiets von dem Namen der zu dem Diöcesanclerus gehörigen Candidaten, welche dasselbe nach den canonischen Vorschriften würdig und tauglich erachtet, die erzbischöfl. oder bischöfl. Kirche fromm und weise zu regieren, in Kenntniß gesetzt werden; wenn aber vielleicht einer von diesen Candidaten dem Landesfürsten minder angenehm seyn möchte, so wird das Capitel ihn aus dem Verzeichnisse streichen, nur muß die übrig bleibende Anzahl der Candidaten noch hinreichend seyn, daß aus ihr der neue Vorsteher gewählt werden könne; dann aber wird das Capitel zur canonischen Wahl eines aus den noch übrigen Candidaten zum Erzbischof oder Bischof, nach den gewöhnlichen canonischen Formen, vorschreiten, und dafür Sorge tragen, daß die Urkunde über die Wahl in authentischer Form innerhalb einer Monatsfrist dem Pabste vorgelegt werden.
Zweitens: Die Bewerkstelligung des Informativprocesses über die Eigenschaften der Promovenden zum erzbischöflichen oder zu dem bischöflichen Stuhle wird von dem Pabste, in Gemäßheit der Anweisung, welche auf Befehl des Pabstes Urban VIII., seligen Andenkens, herausgegeben worden ist, einem der Provinzialbischöfe oder einem in Würde stehenden Geistlichen der betreffenden Diöcese übertragen werden; wenn der Pabst aus diesem vorgelegten Informativproceß ersieht, daß der Gewählte diejenigen Eigenschaften besitze, welche die canonischen Vorschriften an einem Bischof erfordern, so wird er denselben so bald als möglich, nach den bestehenden canonischen Formen, durch ein apostolisches Schreiben bestätigen.
Drittens: Wenn aber entweder die Wahl nicht nach canonischen Regeln vorgenommen worden, oder der Gewählte nicht mit den vorgedachten Gaben ausgerüstet befunden wird, so wird der Pabst dem Capitel aus besonderer Gnade gestatten, daß es, wie früher, zu einer neuen Wahl auf canonische Weise vorschreiten könne.
Viertens: Sowohl das Metropolitan-, als die Cathedral-Capitel werden für das erstemal auf folgende Weise gebildet werden: Nachdem der Erzbischof oder beziehungsweise der Bischof durch das Ansehen des heiligen Stuhles eingesetzt sind, so wird sie der Pabst ermächtigen, in Seinem Namen zur Ernennung des Decans, der Canonici und der Vicarien des Capitels zu schreiten, und solchen die canonische Einsetzung zu ertheilen. In der Folge aber, so oft das Decanat, ein Canonicat oder ein Vicariat erledigt wird, wird abwechslungsweise der Erzbischof und beziehungsweise der Bischof oder das betreffende Capitel innerhalb sechs Wochen, vom Tage der Erledigung an, dem Landesfürsten vier Candidaten, welche die heiligen Weihen erhalten haben und mit den Eigenschaften begabt sind, welche die canonischen Vorschriften bei den Capitularen erfordern, vorlegen. Wenn aber vielleicht einer von diesen Candidaten dem Landesfürsten minder angenehm seyn sollte, so wird der Landesfürst dem Erzbischof oder Bischof oder beziehungsweise dem Capitel solches eröffnen lassen, damit jener aus dem Verzeichnisse gestrichen werden; dann aber wird der Erzbischof oder Bischof oder beziehungsweise das Capitel, um das Decanat, ein Canonicat oder eine Präbende oder ein Vicariat zu besetzen, zur Ernennung eines der übrigen Candidaten schreiten, welchem der Erzbischof oder Bischof die canonische Einsetzung ertheilen wird.
Fünftens: In dem erzbischöfl. oder bischöfl. Seminarium wird eine der Grösse und dem Bedürfnisse des Sprengels entsprechende, nach dem Ermessen des Bischofs zu bestimmende Anzahl Cleriker unterhalten, und nach der Vorschrift der Decrete des Conciliums von Trient gebildet und erzogen werden.
Sechstens: Der Verkehr mit dem heil. Stuhle in kirchl. Geschäften wird frei seyn, und der Erzbischof in seiner Diöcese und kirchl. Provinz, wie auch die Bischöfe, jeder in der eigenen Diöcese, werden mit vollem Rechte die bischöfl. Gerichtsbarkeit ausüben, welche ihnen nach den canonischen Vorschriften und der gegenwärtigen Kirchenverfässung zusteht ...