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Grundordnung des kirchlichen Dienstes
(Grundordnung – GrO)

Verordnung vom 1. Juli 2015

(ABl. 2015, S. 143), geändert durch Verordnung vom 17. März 2023 (ABl. 2023. S. 142)

Die katholischen (Erz-)Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland erlassen, jeweils für ihren Bereich,
  • in Verantwortung für den Auftrag der Kirche, der Berufung aller Menschen zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander zu dienen,
  • in Wahrnehmung der der Kirche durch das Grundgesetz garantierten Freiheit, ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetze zu ordnen,
  • zur Sicherung der Glaubwürdigkeit der Einrichtungen, die die Kirche unterhält und anerkennt, um ihren Auftrag in der Gesellschaft wirksam wahrnehmen zu können,
  • in Erfüllung ihrer Pflicht und Verantwortung gegenüber der Dienstgemeinschaft unter besonderer Berücksichtigung der Grundsätze, welche die Katholische Soziallehre herausgearbeitet hat,
die folgende
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Grundordnung des kirchlichen Dienstes

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Artikel 1
Geltungsbereich

( 1 ) Diese Grundordnung enthält die spezifischen Grundlagen des kirchlichen Dienstes und regelt Anforderungen und Erwartungen an die Dienstgeber und Mitarbeitenden der Einrichtungen der katholischen Kirche.
( 2 ) Kirchliche Einrichtungen im Sinne dieser Ordnung sind alle Organisationen in öffentlich-rechtlicher oder privater Rechtsform, die als Wesens- und Lebensäußerung der katholischen Kirche einen Auftrag im Einklang mit dem Selbstverständnis der Kirche wahrnehmen und mit ihren Amtsträgerinnen und Amtsträgern in besonderer Weise verbunden sind. Für vorwiegend gewinnorientierte kirchliche Einrichtungen findet diese Grundordnung keine Anwendung.
( 3 ) Mitarbeitende im Sinne dieser Ordnung sind insbesondere
  1. Personen, die aufgrund eines Arbeits- oder eines kirchlichen Beamtenverhältnisses tätig sind,
  2. Kleriker und Kandidaten für das Weiheamt,
  3. Ordensangehörige, Personen im Noviziat und Postulat,
  4. Führungskräfte, die aufgrund eines Organdienstverhältnisses tätig sind,
  5. zu ihrer Berufsausbildung tätige Personen,
  6. ehrenamtlich Tätige, die Organmitglieder sind.
( 4 ) Dienstgeber im Sinne dieser Ordnung ist der jeweilige Rechtsträger der Einrichtung.
( 5 ) Diese Grundordnung gilt für
  1. die (Erz-)Diözesen,
  2. die Kirchengemeinden und Kirchenstiftungen,
  3. die Verbände von Kirchengemeinden,
  4. die Diözesancaritasverbände und deren Gliederungen, soweit sie öffentliche juristische Personen des kanonischen Rechts sind,
  5. die sonstigen dem Diözesanbischof unterstellten öffentlichen juristischen Personen des kanonischen Rechts,
  6. die sonstigen kirchlichen Rechtsträger, unbeschadet ihrer Rechtsform, die der bischöflichen Gesetzgebungsgewalt unterliegen
und deren rechtlich unselbstständige Einrichtungen.
( 6 ) Kirchliche Rechtsträger, die nicht der bischöflichen Gesetzgebungsgewalt unterliegen, sind verpflichtet, diese Grundordnung in ihr Statut verbindlich zu übernehmen; sofern ein kirchlicher Rechtsträger in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts über kein Statut verfügt, ist eine notarielle Beglaubigung der Grundordnungsübernahme und anschließende Veröffentlichung dieser Erklärung ausreichend. Wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, haben sie im Hinblick auf die arbeitsrechtlichen Beziehungen nicht am Selbstbestimmungsrecht der Kirche gemäß Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 137 Absatz 3 WRV teil.
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Artikel 2
Eigenart und Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes

( 1 ) Der Dienst in der Kirche ist ausgerichtet an der Botschaft Jesu Christi. Alle kirchlichen Einrichtungen sind sichtbare und erlebbare Orte der Kirche und dem Auftrag Christi verpflichtet. Sie sind Ausdruck der christlichen Hoffnung auf die zeichenhafte Verwirklichung des Reiches Gottes in der Welt (Sendungsauftrag).
( 2 ) Alle in den Einrichtungen der Kirche Tätigen, gleich ob sie haupt- oder ehrenamtlich, ob sie leitend oder ausführend beschäftigt sind und unbeschadet des Umstandes, ob es sich um Christen, andersgläubige oder religiös ungebundene Mitarbeitende handelt, arbeiten gemeinsam daran, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft).
( 3 ) Der Sendungsauftrag verbindet alle Mitglieder der Dienstgemeinschaft und verpflichtet sie zur vertrauensvollen Zusammenarbeit.
( 4 ) Die Kirche sieht sich in ihrem Wirken dem christlichen Auftrag verpflichtet, alle Menschen zu den Grundvollzügen der Kirche einzuladen. Dazu zählen die Verkündigung und Verbreitung des Evangeliums (kerygma-martyria), die gemeinsamen gottesdienstlichen Feiern (leiturgia), der Dienst am Mitmenschen (diakonia) sowie die gelebte Gemeinschaft (koinonia). Diese Grundvollzüge bedingen sich gegenseitig, sind untrennbar miteinander verbunden und haben denselben Stellenwert.
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Artikel 3
Ausprägungen katholischer Identität und Verantwortung
für den Erhalt und die Stärkung des christlichen Profils

( 1 ) Katholische Einrichtungen sind geprägt durch das christliche Gottes- und Menschenbild. Das Gebot der Nächstenliebe gehört gemeinsam mit der Gottesliebe zum Kern des christlichen Glaubens. Das Leben ist ein Geschenk aus der Hand Gottes, das zu schützen und zu achten ist. Auf dieser Grundlage arbeiten kirchliche Einrichtungen mit allen Menschen guten Willens zusammen.
( 2 ) Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen ist eine Bereicherung. Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein. Vorausgesetzt werden eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums und die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung zu achten und dazu beizutragen, ihn im eigenen Aufgabenfeld zur Geltung zu bringen.
( 3 ) Die Verantwortung für den Schutz und die Stärkung des kirchlichen Charakters der Einrichtung kommt zuallererst dem Dienstgeber zu. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass alle Mitarbeitenden ihren besonderen Auftrag glaubwürdig erfüllen können. Er ist insbesondere dafür verantwortlich, geeignete und befähigte Mitarbeitende zu gewinnen, die bereit und in der Lage sind, den kirchlichen Charakter der Einrichtung zu erhalten und zu fördern.
( 4 ) Die Arbeit an der christlichen Identität der Einrichtung ist eine Pflicht und eine Gemeinschaftsaufgabe aller und ein permanenter, dynamischer Prozess. Der Dienstgeber ist in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden verpflichtet, das christliche Profil der Einrichtung fortwährend weiterzuentwickeln und zu schärfen. Unerlässlich ist, dass das Profil nicht nur in Leitbildern und Konzepten verankert ist, sondern auch als christliche Kultur in den Einrichtungen von Leitung und Mitarbeiterschaft mitgestaltet, von allen mit Leben gefüllt und für die Menschen, die kirchliche Angebote wahrnehmen, erfahrbar wird.
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Artikel 4
Handlungsaufträge und Ziele für die Dienstgeber

Zu den wechselseitigen Pflichten von Dienstgeber und Mitarbeitenden gehört die Verwirklichung des Sendungsauftrags und die gemeinsame Sorge für alle in der Kirche Tätigen. Dabei sind auch folgende Handlungsaufträge und Ziele zu beachten, für deren Umsetzung im Rahmen der vorhandenen personellen und materiellen Ressourcen in erster Linie der Dienstgeber verantwortlich ist:
  1. Bestehende Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts sind zu beseitigen, künftige Benachteiligungen zu verhindern. Dazu gehört auch die Gleichstellung von Frauen und Männern im kirchlichen Dienst. Der Dienstgeber ist verpflichtet, die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu fördern.
  2. Die kirchlichen Dienstgeber setzen sich in besonderer Weise für den Schutz der Würde und Integrität aller Personen in ihren Einrichtungen, insbesondere von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen, ein. Die Prävention gegen sexualisierte Gewalt ist integraler Bestandteil der kirchlichen Arbeit.
  3. Führung in der Kirche fördert die Entfaltung der fachlichen Qualifikationen und Charismen der Mitarbeitenden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit. Der Dienstgeber entwickelt Konzepte guter Mitarbeiterführung unter besonderer Berücksichtigung des christlichen Menschenbildes und setzt diese konsequent um. Führungskräfte in kirchlichen Einrichtungen sind einem kooperativen, wertschätzenden Führungsstil verpflichtet. Eine angemessene und transparente Kommunikation über Hierarchie- und Berufsgrenzen hinweg ist Grundbedingung einer vertrauensvollen und wertschätzenden Zusammenarbeit.
  4. Der Dienstgeber nimmt seine Verantwortung für die physische, psychische und seelische Gesundheit aller Mitarbeitenden in der Einrichtung während des Dienstes ernst. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind wichtige Leitungsaufgaben.
  5. Kirchliche Einrichtungen fördern die Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben.
  6. Die wirtschaftliche Betätigung kirchlicher Einrichtungen hat stets der Verwirklichung des kirchlichen Sendungsauftrages zu dienen. Die Standards einer an den kirchlichen Zwecken und christlichen Werten ausgerichteten Unternehmensführung sind einzuhalten. Diese sind insbesondere durch die Beachtung der Grundsätze einer guten Finanzwirtschaft, eine wirksame und qualifizierte Aufsicht, Transparenz und den Aufbau von funktionsfähigen Kontroll- und Überwachungssystemen gekennzeichnet. Kirchliche Einrichtungen übernehmen Verantwortung für ethisch-nachhaltiges Investieren kirchlichen Vermögens. Der Dienstgeber verpflichtet sich, die eigene Organisation wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig aufzustellen; dies gilt insbesondere für den Umgang mit Arbeitsplätzen.
  7. Der Dienstgeber sorgt dafür, dass Positionen, die dem christlichen Menschenbild widersprechen, keinen Platz in kirchlichen Einrichtungen haben.
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Artikel 5
Fort- und Weiterbildung

( 1 ) Alle Mitarbeitenden haben Anspruch auf berufliche Fort- und Weiterbildung. Diese umfasst die fachlichen Erfordernisse, ebenso wie die ethischen und religiösen Aspekte des Dienstes und Hilfestellungen zur Bewältigung der spezifischen Belastungen der einzelnen Tätigkeiten.
( 2 ) Allen Mitgliedern der Dienstgemeinschaft sollen verpflichtende Fort- und Weiterbildungen angeboten werden, in denen sie berufs- und tätigkeitsbezogen spezifische religiöse und ethische Kompetenzen erwerben können, um die Menschen, die die kirchlichen Dienste in Anspruch nehmen, in ihrer religiösen Praxis zu unterstützen und um das christliche Selbstverständnis der Einrichtung zu stärken. Darüber hinaus sollen für die Mitarbeitenden freiwillige Angebote zu Spiritualität und Seelsorge gemacht werden, um sich mit den eigenen Sinn- und Glaubensfragen des Lebens zu beschäftigen. Die (Erz-)Diözesen und die Verbände der Caritas unterstützen die Träger in der gemeinsamen Sorge, den Mitarbeitenden im kirchlichen Dienst eine ansprechende christliche Unternehmenskultur anzubieten und religiöse und spirituelle Angebote zu unterbreiten.
( 3 ) Die Kosten für Fort- und Weiterbildung trägt in der Regel der Dienstgeber. Das Nähere regeln die einschlägigen Ordnungen.
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Artikel 6
Anforderungen bei der Begründung des Dienstverhältnisses

( 1 ) Der Dienstgeber muss bei der Einstellung darauf achten, dass Bewerberinnen und Bewerber fachlich befähigt und persönlich geeignet sind, um die vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen. Im Bewerbungsverfahren sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den christlichen Zielen und Werten der Einrichtung vertraut zu machen, damit sie ihr Handeln am katholischen Selbstverständnis ausrichten und den übertragenen Aufgaben gerecht werden können. Im Bewerbungsverfahren ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung zu wahren. Mit der Vertragsunterzeichnung bringen die Bewerberinnen und Bewerber zum Ausdruck, dass sie die Ziele und Werte der kirchlichen Einrichtung anerkennen.
( 2 ) Von allen Mitarbeitenden wird im Rahmen ihrer Tätigkeit die Identifikation mit den Zielen und Werten der katholischen Einrichtung erwartet.
( 3 ) Pastorale und katechetische Tätigkeiten können nur Personen übertragen werden, die der katholischen Kirche angehören.
( 4 ) Personen, die das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren, kommt eine besondere Verantwortung für die katholische Identität der Einrichtung zu. Sie müssen daher katholisch sein.
( 5 ) Wer sich kirchenfeindlich betätigt, wird nicht eingestellt. Das gilt auch für Personen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind. Artikel 7 Absatz 3 und Absatz 4 gelten entsprechend.
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Artikel 7
Anforderungen im bestehenden Dienstverhältnis

( 1 ) Dienstgeber und Mitarbeitende übernehmen gemeinsam Verantwortung für die glaubwürdige Erfüllung des Sendungsauftrags in der Einrichtung.
( 2 ) Die Anforderungen erstrecken sich in erster Linie auf das Verhalten im Dienst. Außerdienstliches Verhalten ist rechtlich nur bedeutsam, wenn es öffentlich wahrnehmbar ist, grundlegende Werte der katholischen Kirche verletzt und dadurch deren Glaubwürdigkeit beeinträchtigt wird. Der Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, bleibt rechtlichen Bewertungen entzogen. Besondere kirchliche Anforderungen an Kleriker, Kandidaten für das Weiheamt, Ordensangehörige sowie Personen im Noviziat und Postulat bleiben hiervon unberührt.
( 3 ) Kirchenfeindliche Betätigungen, die nach den konkreten Umständen objektiv geeignet sind, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen, können rechtlich geahndet werden. Kirchenfeindliche Betätigungen erfassen Handlungen, die öffentlich wahrnehmbar sind und sich gegen die Kirche oder deren Werteordnung richten. Hierzu zählen insbesondere
  • das öffentliche Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z. B. die Propagierung der Abtreibung oder von Fremdenhass),
  • die Herabwürdigung von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen,
  • die Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen, während der Arbeitszeit oder im dienstlichen Zusammenhang, auch die Werbung für andere Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften.
( 4 ) Bei katholischen Mitarbeitenden führt der Austritt aus der katholischen Kirche in der Regel zu einer Beendigung des der Beschäftigung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses. Von einer Beendigung kann in diesen Fällen ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen.
( 5 ) Erfüllen Mitarbeitende die Anforderungen nicht mehr, so muss der Dienstgeber zunächst durch Beratung und Aufklärung darauf hinwirken, dass sie den Anforderungen wieder genügen. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes Gespräch, eine Abmahnung oder eine andere Maßnahme (z. B. Versetzung, Änderungskündigung) geeignet sind, dem Verstoß gegen die Anforderungen zu begegnen. Wenn alle milderen, weniger belastenden Mittel ausgeschöpft sind, kommt als äußerste, allerletzte Maßnahme („ultima ratio“) eine Beendigung des der Beschäftigung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses in Betracht.
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Artikel 8
Mitarbeitervertretungsrecht

( 1 ) Zur Sicherung ihrer Selbstbestimmung in der Arbeitsorganisation kirchlicher Einrichtungen wählen die Mitarbeitenden nach Maßgabe kirchengesetzlicher Regelung Mitarbeitervertretungen, die an Entscheidungen des Dienstgebers beteiligt werden und die mit den Dienstgebern zum Wohl der Einrichtung und der Dienstnehmer zusammenwirken.
( 2 ) Der Dienst in der Kirche verpflichtet Dienstgeber und Mitarbeitervertretung in besonderer Weise, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und sich bei der Erfüllung der Aufgaben gegenseitig zu unterstützen.
( 3 ) Dienstvereinbarungen, die nach Maßgabe der jeweils geltenden Mitarbeitervertretungsordnung vereinbart werden, gelten unmittelbar und zwingend.
( 4 ) Bei jeder die Mindestgröße erfüllenden Einrichtung ist der Dienstgeber verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass eine Mitarbeitervertretung gebildet wird. Zur Förderung und Unterstützung ihrer Arbeit werden auf der Ebene der (Erz-)Diözesen und des Verbandes der Diözesen Deutschlands (Deutsche Bischofskonferenz) Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen gebildet. Die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Kosten tragen die jeweiligen (Erz-)Diözesen bzw. der Verband der Diözesen Deutschlands.
( 5 ) Das Nähere regelt die jeweils geltende Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO).
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Artikel 9
Gestaltung der Arbeitsbedingungen im kirchlichen Dienst

( 1 ) Die zivilrechtlichen Arbeitsbedingungen im kirchlichen Dienst werden durch paritätisch von Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeitenden und der Dienstgeber besetzte Arbeitsrechtliche Kommissionen ausgehandelt und beschlossen (Dritter Weg). Die Parität ist dabei in formeller wie materieller Hinsicht zu gewährleisten.
( 2 ) Die Zusammenarbeit in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen ist durch das Konsensprinzip geprägt; Beschlüsse bedürfen einer qualifizierten Mehrheit. Die Vertreterinnen und Vertreter der Mitarbeitenden in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen sind durch unmittelbare oder mittelbare demokratische Wahl legitimiert.
( 3 ) Interessengegensätze zwischen Dienstgebern und Mitarbeitenden bei der Festlegung kirchlicher Arbeitsvertragsbedingungen sollen durch Verhandlung und wechselseitiges Nachgeben gelöst werden. Streik und Aussperrung widersprechen diesem Grunderfordernis und scheiden daher aus. Kirchliche Dienstgeber schließen keine Tarifverträge mit tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen (Gewerkschaften) ab. Kommt ein Beschluss in der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht zustande, können beide Seiten der Kommission ein verbindliches Vermittlungsverfahren unter neutralem Vorsitz einleiten. Das verbindliche Vermittlungsverfahren muss mit einem Beschluss enden, der eine Regelung zu dem Gegenstand des Verfahrens enthält oder die Feststellung, dass keine Regelung in diesem Verfahren erfolgt.
( 4 ) Um Rechtswirksamkeit zu erlangen, bedürfen die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommissionen der bischöflichen Inkraftsetzung für die jeweilige (Erz-)Diözese. Für die kirchlichen Dienstgeber gelten die durch die Arbeitsrechtlichen Kommissionen beschlossenen und vom Diözesanbischof in Kraft gesetzten Beschlüsse unmittelbar und zwingend. Der Dienstgeber hat sicherzustellen, dass diese Beschlüsse arbeitsvertraglich ordnungsgemäß in Bezug genommen werden. Die Mitarbeitenden haben Anspruch auf die Anwendung der einschlägigen kirchlichen Arbeitsvertragsordnungen, nach denen sich ihre zivilrechtlichen Arbeitsbedingungen richten.
( 5 ) Für Streitigkeiten über die Auslegung und ordnungsgemäße Einbeziehung der jeweils geltenden Arbeitsvertragsordnungen sind kirchliche Schlichtungsstellen zuständig. Dies schließt die Anrufung staatlicher Gerichte bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Individualarbeitsverhältnis nicht aus.
( 6 ) Die nähere Ausgestaltung des kirchlichen Arbeitsrechtsregelungsverfahrens erfolgt in den jeweiligen Ordnungen der Arbeitsrechtlichen Kommissionen.
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Artikel 10
Koalitionsfreiheit

( 1 ) Die Mitarbeitenden des kirchlichen Dienstes können sich in Ausübung ihrer Koalitionsfreiheit zur Beeinflussung der Gestaltung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in Koalitionen zusammenschließen, diesen beitreten und sich in ihnen betätigen.
( 2 ) Die Koalitionen sind berechtigt, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen innerhalb der kirchlichen Einrichtung für den Beitritt zu diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgabe zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen.
( 3 ) Die ausreichende organisatorische Einbindung von Gewerkschaften in die Arbeitsrechtlichen Kommissionen des Dritten Weges ist gewährleistet.
( 4 ) Die Koalitionsfreiheit entbindet die Vertreter der Koalition nicht von der Pflicht, das verfassungsmäßige Selbstbestimmungsrecht der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung ihres Dienstes zu achten und die Eigenart des kirchlichen Dienstes zu respektieren.
( 5 ) Das Nähere regeln die jeweiligen Ordnungen der Arbeitsrechtlichen Kommissionen.
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Artikel 11
Gerichtlicher Rechtsschutz

( 1 ) Soweit die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Mitarbeitender dem staatlichen Arbeitsrecht unterliegen, sind die staatlichen Arbeitsgerichte für den gerichtlichen Rechtsschutz zuständig.
( 2 ) Für Rechtsstreitigkeiten auf den Gebieten der kirchlichen Ordnungen für ein Arbeitsvertrags- und des Mitarbeitervertretungsrechts bestehen für den gerichtlichen Rechtsschutz unabhängige kirchliche Gerichte. Für Regelungsstreitigkeiten auf dem Gebiet des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts sind Einigungsstellen zuständig.
( 3 ) Die Richter und Richterinnen sind von Weisungen unabhängig und nur an Gesetz und Recht gebunden. Zum Richter bzw. zur Richterin kann berufen werden, wer katholisch ist und in der Ausübung der allen Kirchenmitgliedern zustehenden Rechte nicht behindert ist sowie die Gewähr dafür bietet, jederzeit für das kirchliche Gemeinwohl einzutreten.
( 4 ) Vor kirchlichen Arbeitsgerichten wird allen Beteiligten ein Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt. Die Verhandlungen vor den kirchlichen Arbeitsgerichten einschließlich der Beweisaufnahme und Verkündung der Urteile sind öffentlich.
( 5 ) Näheres regelt die Kirchliche Arbeitsgerichtsordnung (KAGO).
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Artikel 12
Evaluation

Der Verband der Diözesen Deutschlands wird fünf Jahre nach Inkrafttreten der Grundordnung die Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit einer Überprüfung unterziehen und dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz berichten.